Arbeitsweg
Das Hupen klingt aergerlich. Ein panzerartiger Porsche faehrt ihm fast ueber die Fuesse, als er die Strasse ueberquert. Fussgaenger haben schlechte Karten. Eine ausufernde Automobilitaet traegt zu der rastlosen Energie bei, die das moderne China kennzeichnet. Muehsam setzt er seinen Weg fort. Ueber zerbrochene Gehwegplatten. Vorbei an kreuz und quer geparkten Fahrzeugen, die den Weg zum Fluss zum Hindernislauf machen. Auf einmal macht beissender Qualm das Atmen schwer. Ladenbesitzer haben kleine Metalloefen vor ihre Tuer gestellt, befeuert und kochen nun ihr Sueppchen direkt vor dem Geschaeft. Eine fast doerfliche Szene inmitten der Millionenmetropole Ningbo. Niemanden stoerts. Alltag. Der Fluss ist fast erreicht. Vorbei an einem Areal, das einer Mondlandschaft gleicht. Dampframmen lassen die Erde erzittern. Hier entstehen neue Apartments. "New Sea View Garden". Typisch chinesisch. Etwas euphemistisch, denn nur wenige werden einen Blick auf das Wasser werfen koennen. Aber immerhin ist gegenueber, am anderen Ufer, das Ningbo Grand Theater. Eine aeltere Dame kommt vorbei, im Schlafanzug, den Auslaender unverhohlen musternd. Ihr kleiner Koeter kackt ungeruehrt gegen den Zaun. Dann vertraute Geraeusche. Lautstark hochziehen, Rotz gurgeln und ausspucken. Er hatte gerade gefruehstueckt. Gott sei Dank ist der Fluss fast erreicht. Ab hier wird der Arbeitsweg angenehmer.
weihouke - 18. Mai, 12:00