Mittwoch, 8. September 2010

Ein Ort, mit der Seele zu baumeln...

LuDaoArt

...ist Lu Dao Gong Yuan, zehn Gehminuten vom Apartment entfernt. Oeffentlicher Park, idyllisch gelegen am Fluss, ist die "gruene Insel" einer der schoensten Orte Ningbos. Hen piao liang de difang. Baeume und Bambus saeumen eine Promenade direkt am Wasser. Teiche mit Fischen und Seerosen, Palmen, Straeucher, Steingaerten: grosse Vielfalt auf kleiner Flaeche. Abseits der vielbefahrenen Strasse ist Lu Dao eine Oase der Ruhe und gruene Lunge zugleich. Morgens umrunden Jogger das Areal, Tai Chi-Anhaenger ueben "tui shou", die "klebenden Haende". Manche geniessen einfach nur still die Schoenheit dieses Ortes. Auf's Wasser blicken. Die Gedanken fliessen lassen. Abstand gewinnen. Zu sich selbst und zu der hektischen Stadt. Orte wie Lu Dao erinnern daran, dass die Seele langsam ist.

Dienstag, 31. August 2010

Shushu an Nichte

"Lange nichts mehr von Dir gehoert", schrieb seine Nichte. Hier die Antwort: Hallo Tana, das Wetter scheint nicht nur in Deutschland verrueckt zu spielen. Gestern, nach sintflutartigem Regen, konnte man in manchen Strassen Schlauchboot fahren. Ich habe das erste Mal geschmunzelt, als ich Menschen in Gummistiefeln sah. Nun weiss ich warum. Auch bei mir soll in der naechsten Woche die Schule wieder losgehen. Es scheint so zu sein, wie ich es vor einigen Wochen befuerchtet habe: "The school is a mess!", sagte mein Kontaktmann am Telefon. Nichts ist fertig, kein Strom, kein Wasser, also auch keine Toiletten. Fuer 1500 Menschen? Das kann ja heiter werden. Du siehst: Auch ich bin voller Vorfreude auf die Schule. Am 23. August war ich ein Jahr in China. Im Gegensatz zu Euch mache ich mein Auslandsjahr mit fast Fuenfzig. Mal sehen, was sich Ende Januar ergibt, wenn ich meine Vertragsverlaengerung erfuellt habe. Ich bin ein wenig traurig, dass ich den Sommer nicht zum Reisen nutzen konnte. Ob ich meine Urlaubszeit hier in Ningbo buchstaeblich "verschwitzt" habe, kann ich nicht sagen, denn ich habe auch neue Menschen kennengelernt (einen chinesischen Manager, der auf dem Weg ist, mein Freund zu werden). Und ich habe beruflich Neuland betreten (Vortrag vor ueber 100 chinesischen Englischlehrern gehalten). Die Zukunft wird's zeigen. Halte gut durch! Es gruesst Dich herzlich, Dein Shushu

Sonntag, 15. August 2010

UmBruch

"Wir befinden uns in einer Zwischenwelt der Ratlosigkeit... (in einer) ...brisanten Lage zwischen einem Nicht-Mehr und einem Noch-Nicht" (Oskar Negt, in SPIEGEL online)

Freitag, 30. Juli 2010

Zwischendurchsage

Summer in the city. Die feuchte Hitze laehmt das Leben. Schon morgens um acht macht es keine Freude mehr, sich zu bewegen. Siesta von 11 bis 17 Uhr. Bei laufender Klimaanlage. Morgens und abends Einkaeufe erledigen. Dazwischen schlafen, Filme schauen, im Internet surfen. Gott sei Dank ist keine Schule. Permanent muede den Tag verdroehnen. Der Gedanke, bei diesen toedlichen Temperaturen zu reisen, fuehrt zu einer weiteren, ungewollten Hitzewallung und wird daher sofort verworfen. Wie sagt der Zyniker: Lieber Schweissperlen, als gar keinen Schmuck!

Sonntag, 25. Juli 2010

Service auf Chinesisch

Will man als Westler die Geheimnisse der chinesischen Servicementalitaet ergruenden, so sollte man auf zwei wichtige Halbsaetze gefasst sein: "Mei you!" (Haben wir nicht) und "Bu zhi dao" (Weiss ich nicht).

Er hatte sich sehr auf eine ausgiebige Partie Tischtennis gefreut. Sein Partner, ein Schueler aus seiner Schule, war extra aus dem entfernt liegenden Cicheng gekommen. Wie schon oefter zuvor, wollten sie im gemeindeeigenen Sportklub des Appartmentgebaeudes spielen. Hier standen neben einigen Fitnessgeraeten auch zwei Tischtennisplatten zur Verfuegung. Theoretisch jedenfalls. Wenn denn die Tuer offen gewesen waere. So schauten beide sehnsuechtig auf die ungenutzten Tische vor ihnen, unglaeubig an der Glastuer ruettelnd. Was tun? Zunaechst die uniformierten Wachmaenner gefragt. Schliesslich koennte, wer auf das ganze Gebaeude aufpasst, doch auch einen Schluessel fuer einen Raum des Gebaeudes haben, oder? Leider ganz falsch gedacht. Der erste Torwaechter beschied die Bitte nach einem Schluessel mit einem kurzen "Mei you!". Verbunden mit dem Hinweis, das der Sportklub zur Gemeinde gehoere, nicht zum Gebaeude. Er sei also nicht zustaendig. Aha. Der naechste Wachmann, den die frustrierten Spieler direkt von seinen Ueberwachungskameras wegholten, liess sich erweichen, mitzukommen und das Problem in Augenschein zu nehmen. Schliesslich gab es dort keine Kamera. Einen Schluessel allerdings hatte er auch keinen. Dafuer hatte er einen Rat. Eineinhalb Stunden warten, ob vielleicht noch jemand von der Gemeinde kommt. Mit Schluessel. Murrend fuegten sich die Spieler in ihr Schicksal. Zur verabredeten Zeit: verschlossene Tuer und keine Schluesselpersoenlichkeit in Sicht. Mei you. Allerdings war nun jemand aus dem Gebaeudemanagement im benachbarten Buero. Auf die Frage, ob denn heute noch jemand kaeme, um die verschlossene Tuer zu oeffnen, antwortete der Dienstmann: "Bu zhi dao". Auf Nachfrage (der Schueler leistete wertvolle Dolmetscherdienste), ob er denn die Telefonnummer der Gemeinde wisse, antortete er - der geneigte Leser ahnt es bereits - "Bu zhi dao". Weiss ich nicht, haben wir nicht, kriegen wir auch nicht wieder rein! Noch irgendwelche Fragen? Mei you.

Nachtrag, oder: "Bitte streichen Sie meine letzte Bemerkung!". Nur wenige Tage spaeter bewies eine Impfung gegen Gelbsucht das genaue Gegenteil. Ein Jahr nach den letzten Schutzimpfungen benoetigte er eine weitere. Erste Erkundigungen beim Arbeitgeber gipfelten in dem Rat: "Geh zum Hospital No. 2. Sie arbeiten oefter mit Auslaendern!". Gesagt, getan. Mit Bammel und klammem Gefuehl im Bauch stellte er sich in der langen Schlange am Registrierungsschalter an. Die Freundin hatte ihn mit einem chinesischen Begleitschreiben ausgestattet. "Ni hui shuo ying wen ma?" (Sprichst Du Englisch?), fragte er den Mann am Schalter. "A lietel bitt". In seiner Antwort aus Englisch und Chinesisch fiel ploetzlich das Wort "Hongludeng"und er verstand. An der naechsten Ampel in ein anderes Gebaeude gehen. OK. Der freundliche Portier oeffnete die Tuer des noch geschlossenen Centers for Disease Control und wies ihm den Weg. Ein weiterer Wachmann hielt zwei junge Frauen an, die sich als aeusserst kompetent und darueber hinaus als englischsprachig erwiesen. Schnurstracks eskortierten sie den dankbaren Auslaender ueber die Strasse zu einem anderen, am Fluss gelegenen Krankenhaus. Sie dolmetschten fuer ihn bei den Registrierungsformalitaeten, besorgten fuer ihn den Impfstoff und ruhten nicht eher bis er geimpft das Gebaeude verlassen konnte. Seinen Dank und seinen Wunsch, sie einzuladen, wehrten sie ab mit den Worten: "This is our job!" So wohltuend anders kann er sein, der Service auf Chinesisch.

Samstag, 10. Juli 2010

Wortwildwuchs

Nach den schweisstreibenden Versuchen, chinesischen Schuelern Deutsch beizubringen, eine Rueckbesinnung auf den Spass, den diese Sprache machen kann: Der eigentliche Star der Fussball-WM ist Paul, der Tintenfisch. Wie kann man ihn noch bezeichnen? Ich schlage den Begriff "Okrakel" vor. Was haben der BP-Konzern und der inhaftierte Chodorkowski gemeinsam? Sie gehoeren zur Oeligarchie.

Samstag, 19. Juni 2010

Gar lustig ist das Lehrerleben

Es ist heiss und feucht in der Schule. Ventilatoren wirbeln kuehlende Winde umher, Klimaanlagen haben surrend die Macht uebernommen. Und der Sommer kommt erst noch. Die Schulsaison hingegen, neigt sich dem Ende zu. Noch die Abschlusspruefungen naechste Woche, dann ist Schicht. Die chinesischen Kollegen arbeiten quasi Tag und Nacht, um Eltern zu ueberzeugen, ihre Sproesslinge in die Wai Shi Xuexiao zu schicken. Es herrscht Hochdruck. In der naechsten Saison soll die Schule in ihren schicken Neubau im Yinzhou-Bezirk umziehen. Dort ist es laut, es gibt keinen Fluss und kaum Gruen, dafuer viele Baustellen, Wohnkloetze und vielbefahrene Strassen, maulen Statler und Waldorf auf ihrer Empore. Die Begeisterung haelt sich in Grenzen. Der Neubau hat etwas Protziges, das irgendwie unangemessen scheint. Fast neureich. Understatement gehoert im Bauwesen nicht zu den chinesischen Tugenden. Hier wird geklotzt, nicht gekleckert. So sieht das neue Bibliotheksgebaeude aus wie eine Kreuzung zwischen Suedstaatenvilla und griechischem Tempel. Ansonsten ist alles gross. Aber schoen? Und die erwartbaren Probleme von Neubauten stimmen auch nicht gerade froehlich: Der Gestank von Formaldehyd frischer Farben, Funktionsstoerungen in Elektrik oder sanitaeren Anlagen. Hurra. Zumal zu befuerchten ist, dass der Schulbetrieb inmitten einer chaotischen Baustelle starten muss. Was fuer Aussichten: Vierzig Minuten Arbeitsweg quer durch die Stadt, bruellende Hitze, kreischende Kreissaegen, ohrenbetaeubende Bohrgeraeusche und herumwieselnde Handwerker. Ganz zu schweigen vom Klang der lieben Kleinen. Laoshi hao! Gar lustig ist das Lehrerleben...

Dienstag, 1. Juni 2010

Pingpangqiu

Timo Boll gewann spektakulaer gegen Ma Long, den besten Tischtennis-Spieler der Welt. Doch als Mannschaft verlor Deutschland gegen den ueberlegenen Gegner China. Eine Metapher auch fuer die Wirtschaft? An der Schule: dasselbe Bild. Tischtennis ist Volkssport in China. Schueler und Lehrer, Maenner und Frauen sind hervorragende Spieler. Manchmal wesentlich juenger, spielen sie ihre Baelle mit grosser Aggressivitaet und sehr viel Drall. "Spin-Doktoren", gegen die er zwar mehr oder weniger gut spielen, aber nicht gewinnen kann. Manchmal zollen sie ihm Lob, fuer einen besonders gelungenen Ball: "Hao qiu!" oder "Tai bang le" (Grossartig). Lohn der Muehen, wenn das Hemd am Koerper klebt, Knie und Ruecken schmerzen und die zerknirschte Gewissheit kommt, dass mit fast 50 mehr einfach nicht drin ist. "Ni jintian da de hao!" (Du spielst heute gut!) "Na li" (Ach wo). Diese Antwort verlangt die chinesische Etikette...

Dewen Laoshi

Als Deutschlehrer in China

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Zai jian Zhong Guo!
Das Schlusswort, in Shanghai auf dem Flughafen sitzend,...
weihouke - 27. Jan, 11:04
Der Zukunft entgegen
Der letzte Arbeitstag. Die Backfische aus der 10er-Klasse...
weihouke - 20. Jan, 00:14
Kugeln
weihouke - 24. Dez, 09:51
Darf es ein Eis sein?
Normalerweise ist das einzig rote in China der 100...
weihouke - 19. Dez, 09:21
Der Anfang vom Ende?
In den vergangenen Monaten beleuchtete dieses Blog...
weihouke - 28. Nov, 05:36

Links

Suche

 

Status

Online seit 5399 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 9. Nov, 17:03

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren