Donnerstag, 27. Januar 2011

Zai jian Zhong Guo!

Das Schlusswort, in Shanghai auf dem Flughafen sitzend, eineinhalb Jahre China Revue passieren lassend: Das Schönste waren innig-intensive zwischenmenschliche Erfahrungen. Im Unterricht mit all meinen Schülern (eine Ehemalige hatte mir noch vorgestern ein vegetarisches Essen in dem Imbiss spendiert, in dem sie jetzt arbeitet), in Sportkameradschaften, wie mit dem 17jährigen Ceng Qing Shi, der mich mit seinem Klassenkameraden zu Weihnachten besuchte, mit einer Torte bewaffnet, damit ich nicht allein bin. In engen Freundschaften, wie mit dem Manager Yuan Yi Yao, dessen Schalk und warmherzige Grosszügigkeit ich ausgiebig geniessen durfte. Und nicht zuletzt in der innigen Beziehung zu Li Qi, meiner Seelenpartnerin. All diese Erfahrungen geben mir das Gefühl grossen Reichtums. Ich danke allen Genannten und nicht Genannten, meiner Familie und denjenigen, die mich lesend auf meinen chinesischen Abenteuern begleitet haben. Mir fällt Paulchen Panther ein: "Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder - keine Frage!" Bis dahin: Zai jian Zhong Guo!

Mittwoch, 19. Januar 2011

Der Zukunft entgegen

AbschiedVeggies

Der letzte Arbeitstag. Die Backfische aus der 10er-Klasse schenken ihm heisse Schwüre: "Ich liebe Dich!" schmachtet es aus kleinen zugeklebten Briefchen. Dazu gibt es Telefonnummern und QQ-Adressen. Sehr gerührt, kann er es nur mühsam ablehnen, den Wünschen der jungen Mädchen zu entsprechen: "Give me a hug!" "Sorry, but I am your teacher, not your boyfriend." Stattdessen Shakehands, für Erinnerungsfotos posieren. Die älteren Schüler aus 09 formulieren auf Englisch: "We will miss you" und schenken ein liebevoll eingepacktes CD-Set einer chinesischen Sängerin. Auch hier werden viele Fotos gemacht. Die Handys klicken ununterbrochen, er fühlt sich wie ein Filmstar. "Wenn es am schönsten ist, soll man gehen" denkt er bei sich, den Trubel widerwillig geniessend. Der Nachfolger meldet sich per Textnachricht. Er hat es verpasst, rechtzeitig eine "Geschäftsübergabe" zu vereinbaren und muss nun alleine klar kommen. Noch ein Mal in die Schule gehen, den zweiten Teil des Gehalts holen, sich endgültig verabschieden. Dann ist das chinesische Schulabenteuer beendet. Eineinhalb Jahre in einer anderen Welt nähern sich dem Ende. Das Ticket ist gekauft. Nur noch das Apartment übergeben und dann am 27. Januar von Shanghai gen Hamburg aufbrechen - einer ungewissen Zukunft entgegen.

Freitag, 24. Dezember 2010

Kugeln

Weihnachten Nr.2 in Ningbo

Sonntag, 19. Dezember 2010

Darf es ein Eis sein?

Normalerweise ist das einzig rote in China der 100 Yuan-Schein, auf dem Mao milde lächelt über das, was Kollege Deng da losgetreten hat. Aber jetzt ist Weihnachtszeit. Eigentlich ein christliches Fest, aber das stört die geschäftstüchtigen Chinesen nicht. "Öffnet Eure Herzen und Eure prallen Portemonnaies!" Für einen zünftigen Einkauf sollte man einen ganzen Batzen roten Papiers einstecken. Oder die Goldcard des Gatten. In He Yi Da Dao, dem teuersten Konsumtempel der Stadt, wird die Heilige Messe jeden Tag zelebriert. Lasset die Kindlein zu mir kommen! All die vielen kleinen Kaiser, auf das sie später gute Kunden werden. Die normalen Ningbonesen drücken sich ihre Nasen an den Schaufenstern und Glaskästen platt, die allüberall platziert sind. Darfs der neue "Da Zhong (VW) cc" sein? 230 Spitze. Oder Geschmeide und teures Tuch vom italienischen Designer für die Dame von Welt? Hohoho, im Luxussupermarkt spielt der Weihnachtsmann sogar Saxofon. Direkt vor der Kasse. "How are you. Do you need a bag?" Die Verkäuferinnen tragen kecke rote Mützen. O du fröhliche! O du selige! Sch(w)adenbringende Weihnachtszeit. Da schlägt sogar das Wetter Purzelbäume. Letzte Woche Eiseskälte, Schnee und Eis. Rutschende Autos auf den Strassen - fast wie in Deutschland. Aber am 19. Dezember ist es frühlingshaft warm. Blauer Himmel, Sonnenschein. Darf es ein Eis sein?

Sonntag, 28. November 2010

Der Anfang vom Ende?

In den vergangenen Monaten beleuchtete dieses Blog blitzlichtartig die Abenteuer eines Westlers im fernöstlichen Bildungswesen. Kulturelle Konflikte und Irritationen genauso wie zutiefst berührende zwischenmenschliche Erfahrungen. Schönes und Schwieriges lagen dabei oft sehr dicht beieinander. Im Alltagsleben wie auch im Beruf. Nein, China ist nach fünfzehn Monaten keine Heimat geworden. Zu verschieden sind die Lebensentwürfe und Wertvorstellungen, die "in ewiger Fremdartigkeit staunend voreinander stehen" (François Jullien). Er muss nicht in China bleiben. Irgendwie reicht es. Andere Städte oder Provinzen reizen nicht wirklich. Dort wo es atemberaubend schön wäre, ist die Luft zu dünn zum Atmen. Und gut bezahlte Arbeit gäbe es auch keine. Fast überall anders droht unerträglicher Lärm und Umweltverschmutzung. Ganz zu schweigen von der Sprachbarriere, die nicht so leicht zu überbrücken ist. Selbst wer Mandarin spricht, kann die Menschen in Hongkong, Fujian oder auch Ningbo nicht verstehen. So wird Kommunikation zur Einbahnstrasse. Das erschwert den Austausch. Und englisch sprechen die wenigsten. Ist das chinesische Abenteuer nun zu Ende? Bu zhi dao. Was sagt die chinesische Philosophie? Wie die beiden ineinander verschlungenen "Fische" Yin und Yang gibt es keinen Anfang und kein Ende. Nur ständige Wandlung.

Montag, 1. November 2010

Kulturschockierend

Eine Dramoedie, erzaehlt in zwei mails, einer Textmessage und einem Epilog.

1. Ein wuetender Lehrer schreibt eine Beschwerde-Mail. "If my contract with Wai Shi Xue Xiao is a ship, then we have a hull breach now. Today is the 28th of the month. Time for the second half of my salary like it is stipulated in the contract. In the finance office I was told it is impossible to get my money, because a director is absent and a signature is missing. I shall wait a few days.Is this school kidding me? Where am I working? In the school of a banana republic? If the director is not available there must be another person in charge who can give the signature. This chaos of organization is not my fault and not my problem. I have obligations and I need my money punctually. The school expects of me fulfilling my contract. But this is no one-way-street. I expect the same of the school. To make my point very clear: I am not working for fun in this wonderful place, but for money. And I am not willing to suffer from the lack of organization here. I expect an answer and my money immediately."

2. Akt. Am naechsten Tag meldet sich die Assistentin per Handy-Nachricht. "Heute nachmittag nach 2.00 kannst du deine Loehne nehmen. naechste Woche auch ok. ich mittle dir die Entschuldigung von der Schule ueber. schoenen Wochenende :-D"

3. Akt. Die Antwort-Mail der Zustaendigen: "Tut mir Leid,dass der Lohn dir so umstaendlich gemacht hat.Ich kann verstehen,warum du so aergerlich bist. jetzt ausser Entschuldigung zu sagen, koennen wir nichts anderes tun. Das ist typisch chinesisch. Wir haben schon frueher den Antrag fuer eure Lohne vorbereitet. Aber Frau D. ist nicht da. Niemand kann statt ihr unterzeichnen. Das Finanzbuero erkennt nur ihre Unterschriften an. Nur als Lehrer koennen wir darueber nicht entscheiden. Es ist sehr foermlich. Manchmal wenn wir fuer die Schule etwas machen, muessen wir warten, bis die Leiter Zeit haben,und bitten sie,zu unterzeichnen oder den Stempel zu druecken,obwohl es dringend ist. Das ist sehr unterschiedlich als in Deutschland. Entschuldige uns nochmals und wenn es klappt,teilen wir es dir mit."

Epilog: Als der kulturschockierte Lehrer vier Tage spaeter versuchte, an sein Geld zu gelangen, kam es zwar zur Auszahlung, aber nicht zum Ende dieser Geschichte: Es waren 200 Yuan zu wenig. (Vorhang)

Mittwoch, 27. Oktober 2010

"Alles gut auch!"

Wie dicht Licht und Schatten im chinesischen Schulalltag beieinander liegen, illustriert dieser Tag, der schon gebraucht war, bevor er richtig angefangen hatte. Es begann damit, dass ihm der Bus zur Schule vor der Nase davon fuhr, was eine zwanzigminuetige Wartezeit an der kalten und zugigen Bushaltestelle nach sich zog. Der Bus - der geneigte Leser ahnt es bereits - brauchte dann knapp eine Stunde fuer die 11 Kilometer quer durch die Stadt vom schoenen Jiangbei-Bezirk in das haessliche Yinzhou-Viertel. Auf den letzten Kilometern maltraetiert die Yinfeng-Strasse nicht nur die Bandscheiben, sondern auch jegliches Schoenheitsempfinden.

Nach einem Ausflug in die Untiefen der deutschen Grammatik vor verstaendnislosen Schuelern mit vor Entsetzen geweiteten Augen, beglueckte das gefuerchtete buerokratische Ungetuem namens "Dean's Office" (eine Art Dienstbuero) den genervten Lehrer mit einer neuerlichen Kostprobe fachlicher Inkompetenz. Nachdem ihm ein stundenplanumstuerzlerisches Papier - nein: nicht ueberreicht, sondern wie immer nassforsch auf den Tisch geknallt worden war, was augenblicklich einen Anfall kalter Wut und einen weiteren Temperatursturz in der Laune ausloeste, als also das Entsetzen unseren deutschen Lehrer in den Wuergegriff nahm, da, ja da geschah das Wunderbare: Eine Schuelerin betrat den Raum, ging schnurstracks auf ihn zu und ueberreichte ein Geschenk und ein Schreiben, dem er entnahm, dass ihm eine ehemalige Schuelerin einen Schal geschenkt hatte. Er war lang und breit, blau und gold gemustert, mit einem Wort: wunderschoen! Der eben noch geschuettelte Pauker war geruehrt. Nachdem er die Nummer der Schuelerin ermittelt hatte, schrieb er ihr folgende Textnachricht: "Vielen, vielen Dank! (Instaendig hoffend, dass sie, jetzt im Arbeitsleben stehend, noch nicht alles Deutsch wieder vergessen hatte. Zur Sicherheit fuegte er noch etwas Pin Yin hinzu) Fei chang gan xie! Ich habe mich sehr gefreut! Hen gao xing! Alles Gute!" Wenige Minuten spaeter kam die Antwort: "Nichts zu danke! Alles gut auch!"

Dienstag, 14. September 2010

Nahverkehr ist Nahkampf

Oeffentlicher Personennahverkehr auf chinesisch: Eine U-Bahn ist im Bau. Deshalb quaelen sich eine Vielzahl veralteter Busse durch den Berufsverkehr in Ningbo. Gong gong qi che. Blecherne Drachen, schwarze Russwolken ausstossend. Der Arbeitsweg zur neuen Schule ist zeitraubend. Ungefaehr 11 Kilometer Weg. Fuer den ersten Kilometer brauchte der Bus 20 Minuten. Insgesamt ueber eine Stunde. Denn Nahverkehr ist Nahkampf. Der kriechende Lindwurm aus Pkws, Bussen und Elektrobikern ist Kampf ums Dasein pur. Everybody is gong fu fighting. Noch die kleinste Luecke wird genutzt. Defensives Fahren? Fehlanzeige. Drei Fahrzeuge nebeneinander. In zwei Spuren. Blechschaeden inklusive. Da wird genoetigt und geschnitten auf Teufel-komm-raus, orchestriert von einem ohrenbetauebenden Hupkonzert. Wenn ein Fahrgast den Bus verlassen moechte, muss er aufpassen, nicht von den rechts ueberholenden Elektrobikes angefahren zu werden. Ruecksicht? Ein Fremdwort. Die vielbeschworene Harmonie in der chinesischen Gesellschaft glaenzt durch Abwesenheit. Als Deutscher in einem Bus s(chw)itzend, registriert man das Chaos mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Fatalismus. Und Kassandra ruft: alles wird noch viel schlimmer! In den naechsten Jahren werden immer mehr Chinesen ihre Ersparnisse in Autos anlegen. Meist in deutsche. Hurra. Fortschritt kann auch Stillstand bedeuten. Zumindest im Verkehr.

Dewen Laoshi

Als Deutschlehrer in China

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